Von der Klimakrise bis zu der Krise des Ehrenamts wurden Krisen und Lösungswege aus der Krise vorgetragen und besprochen. Wir berichten von der letzten Vorlesung zur Krise des Ehrenamtes. Referent war der Bürgermeisters Eric Leiderer. An der Veranstaltung nahmen rund 100 Studierende und externe Zuhörer:innen teil.
Leiderer definierte Ehrenamt als die "selbstlose Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes oder einer gesellschaftlichen Aufgabe im Gemeinwohlinteresse" Dies ist in der Regel freiwillig und wird mit z.B. mit der Ehrenamtspauschale, der Übungsleiterpauschale oder ähnlichem abgegolten.
Das Ehrenamt geht über die beruflichen- und familiären Interessen hinaus und zielt auf den Nutzen der Verbesserung unserer Gesellschaft. Leiderer hob hervor: " Im Ehrenamt liegen große Chancen für die individuelle Persönlichkeitsentwicklung, Chancen für die berufliche Entwicklung und nicht zuletzt die Stärkung der demokratischen Gesellschaft." Das Ehrenamt hat eine große Wirkung auf die Gesellschaft. Ohne ehrenamtliches Engagement würde die Gesellschaft nicht funktionieren. Die Vereine, die Parteien, die Gewerkschaften, die Kirchen und Hilfsorganisationen leben von dem riesigen Einsatz der freiwilligen Helfer:innen. Für den einzelnen Aktiven gibt es im Gegenzug persönliche Zufriedenheit, Selbstverwirklichung und nicht selten auch Nutzen für die berufliche Entwicklung.
Erfreulicherweise ist das Engagement der Menschen stetig gewachsen. (Siehe Abb. 1) Auch die stark gestiegene Anzahl der eingetragenen Vereine bildet den Einsatz Freiwilliger gut ab. (Siehe Abb. 2) Erfreulich ist, dass mit zunehmendem Alter auch der Anteil der ehrenamtlichen Arbeit wächst. Von Rückgängen im Ehrenamt sind dagegen besonders die Kirchen, Parteien und Gewerkschaften betroffen. Eine besondere Problematik ist ein Rückgang engagierter Personen, die sich in Leitungs- und Vorstandsfunktionen betätigen. Dies stellt die Vereine zum Teil vor große Probleme in ihrer Arbeit und Entwicklung. Die Gründe für ehrenamtliche Arbeit und Engagement sind vielfältig und zutiefst menschlich, (Siehe Abb. 3). Freude haben, anderen Menschen helfen und etwas für das Gemeinwohl tun, stehen laut Befragungen an vorderster Stelle.
Leiderer konstatierte, dass das Ehrenamt und die Vereine tragende Säulen unserer demokratischen Gesellschaft, dem Gemeinwohl und der Persönlichkeitsentwicklung sind. Gesellschaftliche Trends zeichnen sich auch immer in den Vereinen ab. Das gilt für demografische Entwicklung (Fachkräftemangel), ebenso für die Transformation der Arbeitswelt (Digitalisierung) und das weite Feld des Wertewandels. Er sieht insgesamt vier Handlungsfelder als Herausforderung:
1. Bürokratie - wachsende Komplexität durch rechtliche Vorschriften (Datenschutz, elektronische Kassenführung, Hygienevorschriften)
2. Digitalisierung - als Erwartung der Menschen, die unumgänglich ist. (Webseiten, Kollaborationstools, Kommunikation)
3. Ehrenamt als Zielscheibe – Besonders Angriffe durch Beleidigungen, Hatespeech, Shitstorms machen Aktiven zu schaffen
4. Anerkennung und Wertschätzung - dies bleibt oft nur oberflächlich und ist nicht ernsthaft genug.
Bezogen auf die Vereine und diese vier Problemfelder entwickelte Leiderer eine Reihe von Vorschlägen, die Abhilfe schaffen sollen. (Siehe Abb. 4). Ungelöst bleibt jedoch das Problem der Haftung von Vorstandsmitgliedern. Die Angst vor eventueller Haftung ist leider real und verhindert zunehmend die Ehrenamtliche Leitungsarbeit. Bei allen Aktivitäten gilt der Grundsatz, das ehrenamtlich Tätige gegen Übergriffe, auch aus dem Netz, geschützt werden müssen. Dazu gehört, wenn nötig, auch juristischer Schutz. Um das Bürokratie-Problem zu bewältigen, schlägt er vor, die Unterstützungsangebote der Stadt Aschaffenburg stärker zu nutzen. Ferner die Netzwerksarbeit der Vereine deutlich zu verbessern. So könnten für Alle viele Erleichterungen erzielt werden. Das Feld der Digitalisierung soll ebenfalls durch übergreifende Zusammenarbeit der Vereine und der Generationen verbessert werden. Anerkennung und Wertschätzung bleiben aber die wichtigste Maßnahme zur Stabilisierung des Ehrenamtes. Sie können durch nichts ersetzt werden.