Gussprodukte mit Zukunft?
Alle Welt nutzt Gussprodukte!
Eine sichere Wasserversorgung in den Kommunen ist ohne Gussprodukte nicht denkbar. Krankenhäuser und vergleichbare Einrichtungen funktionieren nicht ohne Keim- und Chemieresistente Abwasserversorgung. In der Tradition zur Herstellung der hierfür benötigten Systeme stehen die Belegschaften von Düker.
Deutschland hat mit seinen ca. 600 Gießereien und rund 70.000 Beschäftigten die viertgrößte Guss Produktion der Welt. In Europa ist die deutsche Gussproduktion mit Abstand die umsatzstärkste und hat eine Schlüsselrolle in der Industrie. Es gibt kaum einen produzierender Industriezweig, der keine Gussprodukte verwendet.
Gießereien in unseren Region
Vier Gießereien stehen in unseren Regionen: Aschaffenburg, Laufach, Lohr und Weilbach
Immer wieder mussten in den letzten Jahrzehnten die Belegschaften und mit ihnen viele Verbündete dieser Gießereien für den Weiterbestand kämpfen. Mancher Manager würde lieber ausschließlich unter dem Vorwand des Kostendrucks Billigware in China und Indien einkaufen. Dies vor allem auch wegen der derzeitigen hohen Energiekosten in Deutschland. Hoher Qualitätsstandard, Flexibilität im Herstellungsprozess, Liefersicherheit, Innovationskraft, Bearbeitungs- und Logistikleistungen sind erhebliche Vorteile für die hiesige Produktion. Künftig wird die CO2 -neutrale Fertigung und der Energiebedarf mit grünem Strom hinzukommen.
Wir von aktiv regional sprachen mit den Betriebsratsvorsitzenden der ältesten deutschen Gießerei, der Eisenwerke Düker GmbH, mit Firmensitz in Karlstadt und den beiden Werken in Karlstadt und Laufach über deren Entwicklung.
Aktiv: Wie haben sich die beiden Standorte Karlstadt und Laufach in den letzten Jahren entwickelt?
Stefan Rümmer, GBR und BR-Vorsitzender, Werk Karlstadt: Beide Werke hatten Mitte der neunziger Jahre jeweils rund 700 Beschäftigte, einen Umsatz von ca. 100 Mio. DM und ein breit gefächertes Produktangebot. In der Wasserver- und -entsorgung lösten mehr und mehr andere Materialien wie Kunststoffe und Beton Gussprodukte ab. Dennoch kann sich Düker mit ihren verbliebenen Produkten auf dem Markt behaupten. Neue Verfahrensfähigkeiten wurden entwickelt und sind heute Standard.
Aufspaltung oder Diversifizierung?
2018 begann aus haftungs- und steuerrechtlichen Gründen eine Aufspaltung in elf selbständige Firmen mit wechselseitigen Abhängigkeiten. Aber natürlich wollte die damalige Geschäftsführung über diesen Weg auch die Beteiligung der Betriebsräte reduzieren. Ein fataler Fehler, wie sich bei den folgenden Veränderungsprozessen herausstellte. Der seit Mitte der neunziger Jahre begonnene Personalabbau setzte sich bis 2023 unvermindert fort. Heute haben die Standorte Laufach noch 150 und Karlstadt 40 Beschäftigte. Die Schließung des Gießereistandortes Karlstadt konnte nach zähen Verhandlungen mit Betriebsräten und IG Metall und massiver Unterstützung der Belegschaften verhindert werden. In beiden Standorten wird inzwischen wieder investiert, in Karlstadt in eine Beschichtungsanlage für Emaille und in Laufach in die Brandschutz- und Sicherheitstechnik, um zukunftsfähige Produkte herstellen zu können.
Veredelte Gussprodukte haben Zukunft
Das Kerngeschäft in Karlstadt umfasst weiterhin die gesamte Palette der Abflusstechnik für Großprojekte im Hoch- und Tiefbau, so beispielsweise für Krankenhäuser, Stadien oder Hochhäuser. Auf dem Weg zur CO2 -neutralen Fertigung ist das Werk schon durch die ausschließliche Verarbeitung von Schrott für die Abflussfertigung.
Seefa Yazarel, BR-Vorsitzender Werk Laufach: In Laufach hat sich die Produktpalette erheblich verändert. Etwa zwanzig Prozent sind Armaturen, Schieber (Absperrvorrichtungen), ober- und unterirdische Hydranten für die Frischwasserversorgung und Reibscheiben (Bremsscheiben) für Züge, die über den Eigenvertrieb vermarktet werden. Das verarbeitete Rohmaterial im Schmelzbetrieb besteht ganz überwiegend aus Schrott und im geringen Umfang aus Eisenerz. Rund achtzig Prozent der Produkte sind Einzelaufträge von Firmen des Maschinen- und Straßenbaus. Dabei handelt es sich um Kleinstserien, also bis zu einer Losgröße von 200 Stück. Die Flexibilität im Herstellprozess hat erheblich zugenommen, sodass kurze Lieferzeiten eingehalten werden. Düker hat sich durch das seit Mitte der neunziger Jahre entwickelte Beschichtungsverfahren mit verschiedenen Materialen, vornehmlich Emaille, einen exzellenten Ruf in der Branche erworben. Es kommt nicht selten vor, dass Produkte anderer Gießereien, auch der aus Fernost, in Laufach durch Beschichtung weiter veredelt werden.
Zuverlässigkeit und Liefersicherheit
Die Flexibilität und zuverlässige Lieferung ist in Karlstadt und in Laufach nur möglich, weil die Belegschaften eine enge Bindung zu ihrem Unternehmen haben. Die IG Metall begleitet und unterstützt sie in jeder Phase der Veränderung. In den beiden Kommunen Karlstadt und Laufach genießt Düker hohe Sympathien. Handwerk und Kleinbetriebe sind durch Dienstleistungen und Versorgung mit dem Unternehmen verbunden. Viele Familien leben mit und vom Einkommen bei Düker.
Aktiv: Wie sehen aus eurer Sicht die Zukunftsaussichten für Düker aus?
Stefan Ruemmer: Wir haben ein hohes Know-how in der Wasserver- und -entsorgung. Bei zunehmender Klimaveränderung spielt die Brauchwasseraufbereitung und -nutzung eine große Rolle. Unsere Produkte müssen weiterentwickelt werden. Das fachliche Spezialwissen unserer Belegschaften muss trotz neuer Techniken und Verfahren erhalten und weitergegeben werden. Wir brauchen in der Leitungsebene für die Zukunft keinen Sanierungsblick, sondern den Fokus auf Produktentwicklung. Bis 2026 haben wir eine tarifvertragliche Beschäftigungssicherung. Dennoch besteht die Gefahr, dass in der Gießereitechnik Erfahrungswissen verloren geht und damit die Standortsicherheit erneut gefährdet wird.
Seefa Yazarel: Mit der Schließung der Ausbildungsabteilung im Jahr 2020 in Karlstadt und 2021 in Laufach entstehen zunehmend Lücken im qualifizierten Facharbeiterbereich. Es ist deshalb notwendig, im Verbund mit den Gießereien in Aschaffenburg und Lohr die Ausbildung wieder aufzunehmen.
Wir wollen bis 2038 CO2-neutral hochwertige Gussprodukte für den Hoch- und Tiefbau und als Auftragsguss für den Maschinenbau herstellen sowie unsere Beschichtungen und Legierungen weiterentwickeln. Darin sehen wir mit den notwendigen Investitionen auch für die nächsten 20 Jahre eine gute Perspektive.
Aktiv: Wir danken für das Gespräch.
1469 wird der Standort erstmals geschichtlich erwähnt
Es gab im Laufe der Jahrhunderte unterschiedliche Entwicklungsstufen
Erst 1944 erhält das Eisenwerk den Namen der Familie Düker bis heute
2004 übernahm der Investor Georg Hengstberg das Unternehmen
In den 1990er Jahren hatte Düker über 1.400 MitarbeiterInnen an den beiden Standorten in Laufach und Karlstadt
Heute sind in beiden Betrieben ca. 150 Menschen beschäftigt
Arbeitnehmervertreter gibt es bei Düker seit Anfang des 20. Jahrhunderts
Gussrohre für Wasserver- und -entsorgung
Rohre und Formstücke, emailliert und mit anderen Materialien beschichtet, für spezielle Anwendungen
Grauguss und Sphäroguss